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Bike Sharing in New York – ein Albtraum schon vor dem Start

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Was sind das nur für komische graue Kästen? Der Hund meines Nachbarn John kann gar nicht genug schnuppern an diesen Dingern – und er belässt es auch nicht beim Schnuppern, sondern muss seine persönliche Note an dem einen oder anderen grauen Kasten lassen. Muss der Wuffi ausgerechnet dahin sein Geschäft machen?

John grinst hämisch, als er meinen kritischen Blick sieht und lobt Kleffi: good job, good job, ruft er lauthals. John findet nämlich diese Dinger, die Fahrradständer für das neue Bike-Sharing-Angebot in New York City, unmöglich, hässlich, unnötig. Sie sind für ihn und viele andere New Yorker ein Schandfleck in unserer schönen Stadt. Vor ein paar Wochen hat John doch in unserer Straße in Brooklyn Heights tatsächlich einen Tisch aufgestellt, mehrere Blöcke draufgelegt und bei den vorbeigehenden Nachbarn um eine Unterschrift gebeten – gegen das Bike Sharing. Mein Gott, dachte ich, die Amis sind ja noch schlimmer als wir Deutsche – irgendeine Truppe hat immer was zu Meckern.

Klagen gegen Fahrradwege 

Die New Yorker und Fahrräder – das ist so eine ganz besondere Beziehung. Klar, geben sich alle New Yorker gern hip und grün, alle wollen umweltfreundlich sein. Wer will nicht ein grüneres New York, mit weniger Dreck und besserer Luft. Aber nur im Prinzip oder besser – nur abstrakt und nicht konkret.

Klagen hat’s gegeben in Brooklyn gegen die Einrichtung von Fahrradwegen. Die würden Platz für die Autos nehmen, die teilweise sehr engen Straßen noch enger machen und außerdem nähme die Gefahr im Straßenverkehr noch zu.

Rote Ampeln? Nicht für Fahrradfahrer!

Das stimmt wohl – denn zum einen fahren die New Yorker Autofahrer so, als hätten sie noch nie in ihrem Leben einen Fahrradfahrer gesehen, andererseits kurven die Fahrradfahrer durch die Stadt, als gäbe es für sie überhaupt keine Regeln – rote Ampeln sind für die meisten Zweiradfahrer praktisch nicht existent. Sie rasen die hügeligen Straßen auf und ab, umrunden in hektischen last-minute-Ausweichmanövern die riesengroßen Löcher im Pflaster, so dass es einem schon beim Hingucken ganz schwindelig wird.

It’s New York, you’d have to be crazy or a messenger to ride a bike

Die wildesten Raser sind die Take-away-Radler mit elektrischem Antrieb. Die zischen mit einem gefühlten Affentempo lautlos durch die Stadt, um so schnell wie möglich Pizza, Pasta, Shushi und chinesische Nudeln zu den immer hungrigen New Yorkern zu bringen – rund um die Uhr.

Jetzt auch noch Bike Sharing? Zehntausende von zusätzlichen Drahteseln in Manhattan? Nutzen werden die nicht nur New Yorker, sondern wahrscheinlich auch viele Touristen, die sich nicht auskennen und vor lauter Gucken auf den Stadtplan den Verkehr nicht beachten und damit BEHINDERN! Was das bedeutet? Noch mehr Stau, noch mehr angry-cab-driver – und damit höchstwahrscheinlich mehr Unfälle, beschweren sich die Gegner des Projektes. Wie heißt es hier: It’s New York, you’d have to be crazy,  or a messenger to ride a bike.

Dann gibt’s in New York immer irgendwelche Anti-Kommerzler. Die finden es unmöglich, dass ein Projekt der Stadt so viel Platz für die Werbung einer großen Bank zur Verfügung stellt. Nun das ganze nennt sich Citi Bike und das steht auch auf jedem der blauen Drahtesel – denn die Citi Bank  sponsort das Bike-Sharing.

Am Montag, den 27. Mai, soll das ganze starten – das ist hier ein Feiertag. Der Tag ist gut gewählt, denn da sind viele New Yorker ins lange Wochenende abgerauscht, der übliche Stau in der Rushhour fällt in Manhattan also hoffentlich aus.

Nester für Nagetiere

Schon 10.000 New Yorker haben sich online für ein Jahresabo von 95 Dollar für das Bike Sharing angemeldet. Die Stadtoberen haben 330 Fahrradstationen errichtet – teilweise auf der Straße, teilweise auf dem Bürgersteig. Zu Beginn wird es rund 6000 Räder geben. Ich finde die Ausleihe-Praxis ungünstig. Nur 45 Minuten darf man mit dem geliehenen Fahrrad fahren, dann muss man es wieder an irgendeiner Bikestation abgeben, wenn man nicht gehörig mehr zahlen will. Für einen längeren Ausflug also wird es teuer.

Ich bin ja mal gespannt, wie das ganze ausgeht. In einer Stadt, wo die Ratten die Oberhand haben und praktisch überall rumwuseln, wird es keine paar Wochen dauern, bis vor allem die fetten Nagetiere hier die Fahrradkioske als wunderbare Höhlen und Nester für die überall herumliegenden Pizza- und Pommesreste entdeckt haben. Aber, das ist jetzt wieder typisch deutsche Schwarzmalerei.


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